Ratgeber Stablecoins: Das Potenzial von Circle, Tether & Co.
Veröffentlicht am 21.06.2025 von Andreas Vonoia
Sie sind das stabile Rückgrat der Kryptowelt: Stablecoins. Als digitale Dollars kombinieren sie die Effizienz der Blockchain mit fester Wertbindung und revolutionieren globale Zahlungen. Erfahren Sie alles über die Funktionsweise, die Giganten USDT & USDC und die realen Risiken.

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Zum Broker-VergleichWas genau sind Stablecoins? Eine verständliche Erklärung
Um das Potenzial von Stablecoins zu verstehen, muss man zunächst ihre grundlegende Funktionsweise begreifen. Im Gegensatz zu Bitcoin oder Ethereum, deren Wert ausschließlich durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird und starken Schwankungen unterliegt, zielen Stablecoins darauf ab, einen stabilen Wert zu halten. Dies erreichen sie durch eine Kopplung (englisch: "peg") an einen Referenzwert. Die Mechanismen zur Aufrechterhaltung dieser Kopplung unterscheiden sich jedoch erheblich und lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen:
- Fiat-gestützte Stablecoins: Dies ist die mit Abstand größte und bekannteste Kategorie. Für jeden ausgegebenen Stablecoin-Token hinterlegt der Emittent einen entsprechenden Betrag der zugrundeliegenden Fiat-Währung (z. B. einen US-Dollar) oder äquivalente, hochliquide Vermögenswerte als Reserve. Führende Beispiele sind Tether (USDT) und USD Coin (USDC). Die Stabilität und das Vertrauen in diese Coins hängen direkt von der Qualität und Transparenz dieser Reserven ab. Regelmäßige Prüfungen durch unabhängige Wirtschaftsprüfer sind hier der Goldstandard.
- Krypto-gestützte Stablecoins: Diese Variante nutzt andere Kryptowährungen als Sicherheit. Da diese Sicherheiten selbst volatil sind, ist eine Überbesicherung erforderlich. Das bedeutet, dass für die Ausgabe von Stablecoins im Wert von 100 US-Dollar beispielsweise Krypto-Assets im Wert von 150 US-Dollar hinterlegt werden müssen. Dieser Puffer soll Preisschwankungen der Sicherheiten abfedern. Ein bekanntes Beispiel ist DAI von MakerDAO.
- Algorithmische Stablecoins: Diese Art von Stablecoin versucht, ihre Wertbindung ohne direkte Besicherung durch einen Algorithmus aufrechtzuerhalten. Der Algorithmus passt das Angebot des Coins dynamisch an die Nachfrage an, um den Preis stabil zu halten. Dieser Ansatz hat sich in der Vergangenheit als extrem riskant erwiesen, wie der spektakuläre Zusammenbruch von TerraUSD (UST) im Jahr 2022 zeigte, der Milliarden an Anlegervermögen vernichtete.
Für den Großteil des Marktes und die relevantesten Anwendungsfälle sind die Fiat-gestützten Stablecoins entscheidend. Sie bilden die Brücke zwischen der traditionellen Finanzwelt und dem Ökosystem der digitalen Vermögenswerte.
Die Giganten im Ring: Tether (USDT) vs. Circle (USDC)
Der Stablecoin-Markt wird von zwei Akteuren dominiert, die zusammen über 90 % der gesamten Marktkapitalisierung ausmachen: Tether (USDT) und USD Coin (USDC). Obwohl beide an den US-Dollar gekoppelt sind, verfolgen sie unterschiedliche Philosophien in Bezug auf Transparenz und Regulierung.
Tether (USDT), eingeführt im Jahr 2014, ist der Pionier und nach wie vor der Stablecoin mit dem größten Handelsvolumen. Er ist das Schmiermittel unzähliger Kryptobörsen weltweit und für viele Händler das wichtigste Instrument, um schnell zwischen verschiedenen Krypto-Positionen zu wechseln. Tethers Geschichte ist jedoch von Kontroversen geprägt, insbesondere im Hinblick auf die Zusammensetzung und Offenlegung seiner Reserven. Kritiker bemängelten lange Zeit die mangelnde Transparenz und die Tatsache, dass die Reserven nicht nur aus Bargeld, sondern auch aus weniger liquiden Vermögenswerten wie Commercial Papers bestanden. Inzwischen veröffentlicht Tether tägliche Reserveberichte und vierteljährliche Attestierungen, um das Vertrauen zu stärken.
USD Coin (USDC), herausgegeben vom Unternehmen Circle in Partnerschaft mit Coinbase, positioniert sich seit seiner Einführung 2018 als die regulierte und transparente Alternative. Circle legt großen Wert auf die Einhaltung regulatorischer Vorgaben und veröffentlicht monatliche Prüfberichte von renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die Reserven bestehen nach eigenen Angaben ausschließlich aus Bargeld und kurzfristigen US-Staatsanleihen. Dieser Fokus auf Sicherheit und Transparenz hat USDC zur bevorzugten Wahl für institutionelle Anleger und Unternehmen gemacht. Ein Stresstest im März 2023, als Circle kurzzeitig durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank einen Teil seiner Bindung verlor, zeigte die Robustheit des Systems: Die Kopplung konnte innerhalb weniger Tage vollständig wiederhergestellt werden, was das Vertrauen in die Mechanismen von Circle paradoxerweise stärkte.
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zusammen:
Merkmal | Tether (USDT) | USD Coin (USDC) |
---|---|---|
Emittent | Tether Holdings Ltd. | Circle Internet Financial |
Startjahr | 2014 | 2018 |
Marktstellung | Größtes Handelsvolumen, dominant im globalen Krypto-Handel | Zweitgrößte Marktkapitalisierung, bevorzugt von Institutionen |
Transparenz der Reserven | Verbessert, aber historisch umstritten. Tägliche Berichte und vierteljährliche Attestierungen. | Hoch, mit monatlichen Prüfberichten von Top-Wirtschaftsprüfern. Reserven bei BlackRock und BNY Mellon. |
Primärer Anwendungsfall | Krypto-Trading, grenzüberschreitende Zahlungen in Schwellenländern | DeFi, Treasury Management, institutionelle Abwicklungen |
Das wahre Potenzial: Anwendungsfälle jenseits des Krypto-Tradings
Während Stablecoins ihren Ursprung im Krypto-Handel haben, liegt ihr revolutionäres Potenzial in ihrer Anwendung im realen Wirtschaftsleben. Sie ermöglichen Transaktionen mit der Effizienz einer Kryptowährung, aber ohne deren Volatilität.
- Globale Zahlungen und Überweisungen: Traditionelle internationale Überweisungen über das SWIFT-System sind oft langsam (Tage) und teuer (hohe Gebühren). Eine Transaktion mit USDC oder USDT dauert nur wenige Minuten, kostet oft nur wenige Cent und funktioniert rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Für ein Unternehmen, das einen Lieferanten in Asien bezahlen muss, oder einen Freiberufler, der Geld von einem Kunden in den USA erhält, ist dies ein fundamentaler Fortschritt.
- Schutz vor Inflation: In Ländern mit hoher Inflation und instabilen Landeswährungen wie Argentinien oder der Türkei bieten an den US-Dollar gekoppelte Stablecoins der Bevölkerung eine Möglichkeit, ihre Ersparnisse vor dem Schutz vor dem Wertverlust zu schützen. Sie bieten einen unkomplizierten Zugang zu einem relativ stabilen Wertspeicher, ohne ein ausländisches Bankkonto eröffnen zu müssen.
- Treasury Management für Unternehmen: Immer mehr Unternehmen entdecken Stablecoins als effizientes Werkzeug für ihr Cash-Management. Sie können Liquidität in Form von Stablecoins halten, um globale Zahlungen sofort und kostengünstig abzuwickeln oder um Erträge im DeFi-Sektor zu erwirtschaften – eine moderne Alternative zu traditionellen Geldmarktkonten.
- Rückgrat der Dezentralisierten Finanzen (DeFi): Im DeFi-Ökosystem sind Stablecoins unverzichtbar. Sie dienen als Basiswährung für Kreditvergabe, -aufnahme, dezentrale Börsen und Yield-Farming-Strategien. Sie ermöglichen es den Nutzern, Zinsen auf ihre digitalen Dollars zu verdienen, ohne dem Preisrisiko von Bitcoin ausgesetzt zu sein.
Risiken und regulatorische Hürden: Die Achillesferse der Stablecoins
Trotz des enormen Potenzials sind die Risiken nicht zu übersehen. Für einen nachhaltigen Erfolg müssen Vertrauen und Sicherheit gewährleistet werden, was die Regulierungsbehörden weltweit auf den Plan ruft.
Das größte Risiko ist das Emittenten- und Deckungsrisiko. Was passiert, wenn der Herausgeber eines Stablecoins zahlungsunfähig wird oder die Reserven nicht ausreichen, um alle im Umlauf befindlichen Token zu decken? Im Gegensatz zu Bankeinlagen sind Stablecoin-Guthaben in den meisten Rechtsordnungen nicht staatlich versichert. Ein "Bank Run" auf einen großen Stablecoin, bei dem viele Nutzer gleichzeitig versuchen, ihre Token in Fiat-Währung umzutauschen, könnte zu einem Zusammenbruch der Kopplung und massiven Verlusten führen. Der bereits erwähnte kurzzeitige "De-Peg" von USDC während der SVB-Krise war ein Weckruf für die gesamte Branche.
Eng damit verbunden ist das regulatorische Risiko. Regierungen und Zentralbanken auf der ganzen Welt arbeiten an Gesetzen zur Regulierung von Stablecoins. In der Europäischen Union setzt der "Markets in Crypto-Assets" (MiCA) Act bereits hohe Anforderungen an Emittenten in Bezug auf Reserven, Transparenz und Unternehmensführung. In den USA wird ebenfalls intensiv über eine umfassende Gesetzgebung debattiert. Während eine klare Regulierung das Vertrauen stärken kann, könnte eine zu restriktive Herangehensweise die Innovation bremsen und die Anwendungsfälle einschränken.
Fazit und Ausblick: Die Zukunft der digitalen Währung ist stabil
Stablecoins sind weit mehr als nur ein Casino-Chip für Krypto-Händler. Sie haben sich zu einem fundamentalen Pfeiler der digitalen Wirtschaft entwickelt und besitzen das Potenzial, die Art und Weise, wie wir weltweit Werte transferieren und speichern, nachhaltig zu verändern. Ihre Fähigkeit, Geschwindigkeit und niedrige Kosten von Blockchains mit der Stabilität von Fiat-Währungen zu kombinieren, eröffnet immense Möglichkeiten für Effizienzsteigerungen im globalen Finanzsystem und fördert die finanzielle Inklusion.
Gleichzeitig sind die Herausforderungen real. Die Stabilität des gesamten Ökosystems hängt von der Integrität der Emittenten, der Qualität ihrer Reserven und einem klaren, aber innovationsfreundlichen regulatorischen Rahmen ab. Der Wettbewerb zwischen transparenten, regulierungsorientierten Akteuren wie Circle und etablierten Giganten wie Tether wird die Entwicklung des Marktes weiter vorantreiben. Für Anleger, Unternehmen und Finanzinstitutionen ist es daher unerlässlich, die Entwicklungen in diesem Sektor genau zu beobachten. Die Reise der Stablecoins hat gerade erst begonnen, aber ihr Ziel ist klar: eine stabilere, effizientere und zugänglichere Finanzwelt für alle zu schaffen.

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