Ratgeber HelloFresh im Abschwung? Ist die Aktie jetzt ein Gewinn-Rezept?

Veröffentlicht am 23.06.2025 von Andreas Vonoia

Nach dem Pandemie-Boom folgte der Absturz: HelloFresh kämpft mit sinkenden Umsätzen und starkem Wettbewerb. Ein radikaler Sparkurs soll nun die Wende bringen und die Profitabilität steigern. Wir analysieren die Chancen und Risiken dieser riskanten Turnaround-Wette für Anleger.

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Der jähe Absturz nach dem Pandemie-Boom

Um die aktuelle Situation von HelloFresh zu verstehen, ist ein Blick in die jüngste Vergangenheit unerlässlich. Die Lockdowns und die damit verbundene Schließung von Restaurants katapultierten das Unternehmen in eine neue Dimension. Plötzlich war die Lieferung von vorportionierten Zutaten samt Rezepten nicht nur bequem, sondern eine willkommene Lösung für den Alltag. Der Umsatz schoss in die Höhe, die Kundenzahlen explodierten und die Aktie erreichte im August 2021 ihr Allzeithoch bei über 97 Euro. Doch wie bei vielen Pandemie-Gewinnern folgte auf den Rausch der Kater.

Mit der Rückkehr zur Normalität änderten sich auch die Gewohnheiten der Verbraucher wieder. Restaurantbesuche, spontane Einkäufe und der Wunsch nach mehr Flexibilität ließen die Nachfrage nach Kochboxen abebben. Gleichzeitig sahen sich die Berliner mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert:

  1. Steigende Kosten: Die Inflation trieb die Preise für Lebensmittel, Verpackung und Logistik in die Höhe und nagte an den ohnehin schon schmalen Margen.
  2. Intensiver Wettbewerb: Der Markt für Kochboxen ist längst kein Monopol mehr. Zahlreiche Wettbewerber, von lokalen Anbietern bis hin zu Supermarktketten mit eigenen Angeboten, kämpfen aggressiv um Marktanteile, oft mit massiven Rabatten für Neukunden.
  3. Marktsättigung: In vielen Kernmärkten, insbesondere in Europa und Nordamerika, scheint eine gewisse Sättigung erreicht. Die Gewinnung von Neukunden wird zunehmend teurer und schwieriger.

Diese Faktoren führten zu einer toxischen Mischung, die den Aktienkurs schwer unter Druck setzte. Allein im laufenden Jahr 2025 hat die Aktie rund ein Drittel ihres Wertes verloren. Das Allzeithoch liegt mittlerweile fast vier Jahre zurück – ein klares Zeichen für eine anhaltende und tiefgreifende Krise.

Die nackten Zahlen: Zwischen Umsatzschwund und Effizienzgewinn

Ein Blick auf die Finanzkennzahlen zeichnet ein differenziertes Bild. Die schlechte Nachricht zuerst: Für das Geschäftsjahr 2025 erwartet das Management einen Umsatzrückgang zwischen 3 % und 8 %. Für ein Unternehmen, das jahrelang mit zweistelligen Wachstumsraten glänzte, ist das ein schmerzhafter Einschnitt. Die Prognose enttäuschte die Analysten und sorgte für einen weiteren Kursrutsch.

Doch es gibt auch eine andere Seite der Medaille. Während der Umsatz sinkt, soll die Profitabilität steigen. Das Management hat einen radikalen Kurswechsel vollzogen: Weg vom Wachstum um jeden Preis, hin zu Effizienz und Rentabilität. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) soll 2025 auf 200 bis 250 Millionen Euro ansteigen, nach nur 136 Millionen Euro im Vorjahr. Die bereinigte EBITDA-Marge soll sich von mageren 1,27 % im Jahr 2024 auf über 6 % erholen. Erstmals seit Jahren wird sogar wieder eine positive Nettomarge erwartet. Wie ist dieser Spagat möglich? Die Antwort liegt in einem rigorosen Sparprogramm.

Das Krisenrezept: Kostensenkung als Hauptzutat

HelloFresh hat erkannt, dass die alten Rezepte nicht mehr funktionieren. Das Unternehmen hat ein umfassendes Restrukturierungsprogramm aufgelegt, das bis ins Jahr 2026 laufen soll. Die Maßnahmen sind tiefgreifend und zeigen die Ernsthaftigkeit der Lage:

  • Standortschließungen: Mehrere unrentable Vertriebszentren wurden bereits geschlossen oder sollen geschlossen werden, um die Fixkosten zu senken und die Logistik zu optimieren.
  • Stellenabbau: Um die Effizienz zu steigern, wurden bereits Arbeitsplätze abgebaut, insbesondere in Verwaltungs- und Marketingbereichen.
  • Fokus auf profitable Kunden: Statt mit teuren Marketingkampagnen um jeden Neukunden zu buhlen, konzentriert sich HelloFresh nun auf seine treuen und profitablen Bestandskunden. Das Marketingbudget wurde spürbar gekürzt.
  • Aktienrückkaufprogramm: Als Zeichen des Vertrauens in den eigenen Wert hat das Management ein Aktienrückkaufprogramm im Volumen von bis zu 250 Millionen Euro beschlossen. Dies soll den Kurs stützen und signalisieren, dass die Aktie aus Sicht des Unternehmens unterbewertet ist.

Diese Strategie ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits kann die Fokussierung auf Profitabilität das Unternehmen finanziell stabilisieren und für Investoren attraktiver machen. Andererseits birgt der Rückzug aus dem aggressiven Wachstumskampf die Gefahr, langfristig Marktanteile an die Konkurrenz zu verlieren.

Chancen und Risiken für Anleger: Ein genauer Blick in den Kochtopf

Für Investoren, die über einen Einstieg bei HelloFresh nachdenken, ist eine sorgfältige Abwägung der Chancen und Risiken unerlässlich.

Die Chancen:

  1. Turnaround-Potenzial: Gelingt die Restrukturierung, winkt bei dem aktuell niedrigen Kursniveau eine erhebliche Rendite. Wenn HelloFresh beweist, dass es auch ohne Pandemie-Rückenwind nachhaltig profitabel wirtschaften kann, könnte der Markt die Aktie neu bewerten.
  2. Starke Marke: Trotz der Probleme ist HelloFresh nach wie vor der weltweit bekannteste Anbieter von Kochboxen mit einer starken Markenpräsenz und einer riesigen Datenbank an ehemaligen und aktuellen Kunden.
  3. Verbesserte Profitabilität: Die steigenden Margen zeigen, dass das Management die Kosten im Griff hat. Ein profitables Unternehmen ist langfristig widerstandsfähiger als ein reiner Wachstumswert.

Die Risiken:

  1. Anhaltender Umsatzrückgang: Sollte der Umsatz stärker als erwartet schrumpfen, könnten die Profitabilitätsziele in Gefahr geraten. Ein Verlust an Relevanz im Markt ist eine reale Gefahr.
  2. Hoher Wettbewerbsdruck: Die Konkurrenz schläft nicht. Aggressive Preispolitik und innovative Angebote anderer Anbieter könnten den Druck auf HelloFresh weiter erhöhen.
  3. Abhängigkeit vom Konsumklima: Als Anbieter eines Premium-Produkts ist HelloFresh stark von der Kaufkraft und dem Konsumklima abhängig. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten sparen viele Haushalte zuerst bei solchen "Luxus"-Ausgaben.
Kennzahl Daten und Prognose (Stand: Juni 2025)
Kursentwicklung 2025 ca. -33 %
Umsatzprognose 2025 -3 % bis -8 % gegenüber Vorjahr
Prognose bereinigtes EBIT 2025 200 - 250 Mio. € (2024: 136 Mio. €)
Prognose EBITDA-Marge 2025 ca. 6,1 % (2024: 1,27 %)
Analysten-Konsens Geteilt: 7x Kaufen, 9x Halten, 0x Verkaufen

Fazit: Ein Gericht nur für risikofreudige Gourmets

Die HelloFresh-Aktie ist derzeit kein Rezept für Anleger mit schwachen Nerven. Die Zeit des ungestümen Wachstums ist vorbei, und das Unternehmen befindet sich in einer schmerzhaften, aber notwendigen Transformation. Der Fokus auf Profitabilität und Effizienz ist der richtige Schritt, um das Geschäftsmodell zukunftsfähig zu machen. Die kommenden Quartale werden entscheidend sein und zeigen, ob die eingeleiteten Maßnahmen Früchte tragen.

Die geteilten Meinungen der Analysten spiegeln die hohe Unsicherheit wider. Es gibt keine klare Kauf- oder Verkaufsempfehlung. Vielmehr ist die HelloFresh-Aktie zu einer Wette auf einen erfolgreichen Turnaround geworden. Wer an die Stärke der Marke, die Lernfähigkeit des Managements und das langfristige Potenzial des Geschäftsmodells glaubt, findet auf dem aktuellen Niveau möglicherweise einen attraktiven Einstiegspunkt. Das Risiko eines weiteren Wertverfalls bleibt jedoch hoch. Es ist ein Gericht mit scharfen Gewürzen – nur für Investoren geeignet, die das damit verbundene Risiko verdauen können und den Appetit auf eine spekulative Chance haben.

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Über den Autor

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Andreas Vonoia

Finanz-Experte

Hallo, mein Name ist Andreas Vonoia, und ich bin Finanzredakteur bei Aktie.net. Ich habe mich auf das Thema Aktien-Trading spezialisiert.


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